AG Frankfurt a.M. v. 25.9.2019, 31 C 2619/19
Pauschales ärztliches Attest reicht für Kündigung eines Fitnessstudiovertrags nicht aus
Der Kunde eines Fitnessstudios kann dieses nicht bereits deshalb kündigen, wenn er ein Attest vorlegt, in dem ihm pauschal bescheinigt wird, dass er aus „gesundheitlichen Gründen“ nicht in der Lage ist, das Studio zu nutzen. Eine Partei darf regelmäßig nicht erwarten, das Gericht werde von Amts wegen eine Beweisanordnung treffen.
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hatte am 1.9.2017 mit der Betreiberin eines Fitnessstudios einen
Vertrag mit Beginn ab 01.10.2017 und einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten mit
einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Vertragsende abgeschlossen. Das
monatliche Entgelt betrug 69 € zuzüglich eines Starterpakets zu 199 € und einer
Servicepauschale von 69 €. Am 9.9.2017 erklärte der Beklagte die Kündigung des
Vertrages aus gesundheitlichen Gründen. Die Betreiberin des Fitnessstudios wies
die Kündigung zurück.
Die Betreiberin beauftragte die Klägerin mit der Forderungsbeitreibung, die ihr
dafür 215 € berechnete. Die Klägerin forderte daraufhin vom Beklagten
rückständige Mitgliedsentgelte i.H.v. rund 1500 €. Der Beklagte berief sich
darauf, dass er den Vertrag aus „gesundheitlichen Gründen“ fristlos
gekündigt hatte. Was ihm genau fehlte, blieb im Verfahren offen. Der Beklagte
legte lediglich ein Attest vor, dass ihm entsprechend „gesundheitliche
Gründe“ bescheinigte.
Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Beklagte schuldet das vertraglich vereinbarte Entgelt gemäß
Fitnessstudiovertrag (§ 611 Abs. 1 BGB). Die Klägerin hatte die Forderung der
Zedentin durch Abtretung erworben (§ 398 BGB).
Die außerordentliche Kündigung des Beklagten ist nicht wirksam. Er war zu einer
fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 314 Abs. 1 BGB nicht
berechtigt. Schließlich hat er nicht bewiesen, dass er aus gesundheitlichen
Gründen nicht in der Lage war, ein Fitnessstudio zu benutzen. Insofern hatte
der Beklagte nachzuweisen, dass er tatsächlich aus medizinischen Gründen an der
Fitnessstudionutzung gehindert war. Hierzu ist klarzustellen, dass die
Kündigungserklärung inhaltlich zwar darauf beschränkt werden durfte, auf
gesundheitliche Gründe abzustellen, ohne diese konkret benennen zu müssen.
Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob die gesundheitlichen Gründe
auch tatsächlich vorlagen. Dies kann nur anhand einer konkreten Erkrankung
geprüft werden; also ob der Beklagte an einer Krankheit litt, die es ihm
verwehrt hat, sich im Fitnessstudio sportlich zu betätigen. Dazu bedarf es
zunächst einem Vortrag, den der Beklagte bereits nicht gehalten hat. Schließlich
beschränkte er sich pauschal auf gesundheitliche Gründe.
Auch das Attest enthält nur eine pauschale Bescheinigung, dass der Beklagte
„aus gesundheitlichen Gründen“ nicht am Sport im Fitnessstudio
teilnehmen könne. Das ist nichtssagend, weil aus dem Attest nicht konkret
hervorgeht, welche gesundheitlichen Gründe ein Fitnesstraining verhindern, und
die Auswirkungen bzw. Risiken der unbekannten Erkrankung so nicht geprüft
werden können.
Letztlich musste ein Sachverständigengutachten auch nicht von Amts wegen
eingeholt werden (vgl. §144 Abs. 1 S. 1 ZPO). Denn im Zivilprozess gilt der
Beibringungsgrundsatz, der sich auch auf Beweisanträge erstreckt (vgl. §
282 Abs. 1 ZPO). Grundsätzlich darf daher das Gericht die Initiative den
Parteien überlassen. Eine Partei darf deshalb regelmäßig nicht erwarten, das
Gericht werde von Amts wegen eine Beweisanordnung treffen.
Quelle: OLG Frankfurt a.M. Pressemitteilung vom 27.12.2019