LG Berlin v. 26.3.2020 – 67 S 16/20

Räumungsfrist muss wegen Corona-Krise verlängert werden

Die gerichtliche Räumungsfrist in einer Wohnraummietsache muss wegen der Corona-Pandemie zumindest bis zum 30.6.2020 verlängert werden. Zurzeit ist die erfolgreiche Beschaffung von Ersatzwohnraum, die in Berlin wegen der Anspannung des örtlichen Wohnungsmarktes ohnehin besonders erschwert ist, für einen zur Räumung verpflichteten Mieter derzeit überwiegend unwahrscheinlich, wenn nicht sogar ausgeschlossen.

Der Sachverhalt:
Das AG Berlin Mitte hatte den beklagten Mieter mit Urteil vom 11.12.2019 in der ersten Instanz zur Räumung verurteilt und eine Räumungsfrist bis zum 31.3.2020 bewilligt. Der Beklagte hatte im noch laufenden Berufungsverfahren eine Verlängerung der Räumungsfrist bis zum 30.6.2020 mit der Begründung beantragt, insbesondere wegen der „Corona-Krise“ keinen Ersatzwohnraum anmieten zu können.

Das LG hat diesem Antrag entsprochen.

Die Gründe:
Die vom AG bis zum 31.3.2020 gewährte Räumungsfrist für den beklagten Mieter war aufgrund seines unstreitigen Antragsvorbringens nicht hinreichend lang bemessen, um Ersatzwohnraum zu beschaffen. Die Frist ist gem. § 721 ZPO derzeit grundsätzlich bis zum 30.6.2020 zu erstrecken oder entsprechend zu verlängern.

Nach § 721 Absatz 3 Satz 1 Alt. 1 ZPO kann eine Räumungsfrist auf Antrag verlängert werden. Für den Erfolg eines solchen Verlängerungsantrags ist wesentlich, ob die in einem Urteil gewährte Räumungsfrist hinreichend lang bemessen ist, um einem Mieter die Erlangung von Ersatzwohnraum zu ermöglichen.

Im vorliegenden Fall kam hinzu, dass der Berliner Senat Verordnungen zur Eindämmung des Coronavirus erlassen hat, die das öffentliche Leben im Land Berlin weitgehend beschränkt und zum Erliegen gebracht haben. Somit ist die erfolgreiche Beschaffung von Ersatzwohnraum, die in Berlin wegen der Anspannung des örtlichen Wohnungsmarktes ohnehin besonders erschwert ist, für einen zur Räumung verpflichteten Mieter derzeit überwiegend unwahrscheinlich, wenn nicht sogar ausgeschlossen.

Zu welchem Zeitpunkt die Anmietung von Ersatzwohnraum bei hinreichendem Bemühen eines Räumungsschuldners wieder erfolgreich sein wird, ist ungewiss. Die genaue Bemessung der insoweit erforderlichen Zeitspanne konnte hier jedoch dahinstehen, da der Beklagte die Verlängerung der Räumungsfrist lediglich bis zum 30.6.2020 beantragt hatte.

Eine davon abweichende Beurteilung käme ausnahmsweise nur in Betracht, wenn der Verbleib eines Räumungsschuldners in der Mietsache eine Gefahr für Leib oder Leben begründen würde oder gleichrangige Interessen des Vermieters oder Dritter eine umgehende Räumung der Mietsache gebieten würden. Diese vorgenannten Ausnahmevoraussetzungen waren hier aber nicht erfüllt.

Quelle: LG Berlin PM Nr. 22/2020

Rechtsanwalt in Detmold

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