Kollision mit Auto: Ladenbesitzer haften für „herrenlose“ Einkaufswagen
OLG Hamm 18.8.2015, 9 U 169/14
Ein Ladenbesitzer muss auch nach Geschäftsschluss dafür Sorge tragen, dass seine Einkaufswagen sicher abgestellt sind. Einkaufswagen sind so zu sichern, dass sie von Unbefugten nicht benutzt und auch nicht selbstständig wegrollen können.
Der Sachverhalt:
Der Zeuge P. war Anfang Dezember 2013 gegen ein Uhr nachts bei stürmischen Witterungsverhältnisses mit dem Opel Zafira des Klägers auf der Detmolder Straße in Bielefeld unterwegs. In Höhe des von dem Beklagten betriebenen Lebensmittelmarktes kollidierte das Fahrzeug auf der Fahrbahn mit einem Einkaufswagen des Lebensmittelmarktes, der nach der Darstellung des Klägers kurz vor dem Vorbeifahren des Autos unvermittelt auf die Straße gerollt war.
Der Kläger machte daraufhin die ihm hierdurch entstandenen Reparatur-, Sachverständigen-, und Mietwagenkosten neben einem verbleibenden Minderwert und einer allgemeinen Unkostenpauschale unter dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten in einer Gesamthöhe von rund 5.400 € geltend. Das LG war nach Anhörung des Beklagten, der Vernehmung von Zeugen und Durchführung einer Ortsbesichtigung der Ansicht, dass sich eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten nicht feststellen lasse und wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil ab und verurteilte den Beklagten dazu, an den Kläger 4.300 € zu zahlen. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen den Beklagten gem. § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht – unter Berücksichtigung
der mit 20 % veranschlagten Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs – ein Anspruch auf Ersatz der ihm durch das Unfallereignis entstandenen Schäden i.H.v. 80 % zu.
Der Beklagte hatte eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil die von ihm ergriffenen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Außenlagerung der Einkaufswagen nach Geschäftsschluss unzureichend gewesen waren. Auch nach Geschäftsschluss hatte er für das sichere Abstellen der Einkaufswagen vor seinem Geschäft Sorge tragen müssen. Dabei hätte er der unbefugten Benutzung durch Dritte oder dem selbstständigen Wegrollen der Einkaufswagen entgegen wirken müssen.
Die tatsächlich ergriffenen Sicherungsmaßnahmen waren unzureichend gewesen, weil die Einkaufswagen nach der Darstellung des Beklagten lediglich mittels einer durch sie geführten, unverschlossenen Kette verbunden waren. Eine weitergehende Sicherung und auch ein die Wagen verbindendes Pfandsystem hatte es nicht gegeben. Hierdurch waren die Einkaufswagen für Dritte wiederum leicht zugänglich gewesen.
Es ist nicht außergewöhnlich, dass leicht zugängliche Einkaufswagen nach Geschäftsschluss, durch Trunkenheit oder Übermut begünstigt, zweckwidrig verwendet und anschließend auch andernorts zurückgelassen werden. Um dies zu verhindern kann man die Einkaufswagen etwa mit einer abschließbaren Kette verbinden, was keinen spürbaren wirtschaftlichen Aufwand mit sich bringt. Die Beachtung dieser Sicherungsmaßnahmen war somit für den Beklagten möglich und zumutbar. Ihr Unterlassen begründet seine Haftung. Ein den Unfall mitverursachendes Verschulden des Autofahrers war nicht feststellbar. Unerheblich war die Frage, ob den Sicherungspflichten allein durch die Ausstattung der Einkaufswagen mit einem Pfandsystem genügt worden wäre.
Quelle: OLG Hamm PM v. 28.9.2015